Zum zweiten Mal in diesem Schuljahr organisierte Ulrike Jockers, Fachlehrerin für Deutsch am Oberstufengymnasium, die Möglichkeit für die Schülerinnen und Schüler, Literatur einmal anders zu erleben. Fester Bestandteil dafür ist am BBZ bereits seit vielen Jahren das Schauspiel-Team Coenen und Bertholet, die mit eindrücklichem Vortrag Lyrik zu einem Erlebnis für die Sinne werden lassen. „Man kann bei Coenen und Bertholet Literatur nicht nur hören und verstehen, man kann sie sehen und sogar fühlen“, so Ulrike Jockers, die mit ihren Eingangsworten nicht zu viel versprach.
In seiner Einleitung erklärte Bertholet den Schülerinnen und Schülern, dass der Fokus der Textauswahl auf den Jahren 1933-1945 liege. „Trotzdem wollen wir einen Bezug herstellen“, so Bertholet, „denn das Schicksal der Menschen von damals erinnert an Menschen im Exil Heute.“
Entsprechend lag der Schwerpunkt auch auf Texten von Rose Ausländer, Theodor Kramer, Adolf Unger, Hertha Müller, Hilde Domin oder Bertolt Brecht. Aber es waren auch moderne Autoren aus anderen Kulturkreisen wie Hamid Skif aus Algerien oder Liao Yiwu aus China in der Auswahl, dessen Gedicht „Massaker“ sie vorlasen, um zu zeigen, warum Menschen ihre Heimat verlassen.
Coenen und Bertholet gestalteten ihren Vortrag als eine Art Reise. Dabei wurden die Gedichte in verschiedene Etappen der Flucht und des Exils gegliedert: Von den Gründen zur Flucht, über das Unterwegssein, das Ankommen, wie Sprache zu einem Mittel des Widerstandes wurde, das Gefühl von Heimweh, bis hin zu Worten an die Nachgeborenen. Durch diesen geschickten Aufbau, aber auch durch das Wechselspiel verschiedener Vortragsweisen und die gewaltige Präsenz ihrer Stimmen, erzeugten Coenen und Bertholet das Gefühl, den Weg ins Exil mitzugehen und in das Schicksal der Betroffenen einzutauchen, wie ein Schüler bestätigte.
Im Anschluss an diese einfühlsame Interpretation der Texte boten die beiden Vortragenden den Schülerinnen und Schülern ein Gespräch an. „Denn wir wollen euch mit diesem schweren Stoff nicht allein lassen“, erklärte Bertholet. Insgesamt zeigte die Diskussion im Nachgang zu der Lesung, dass die beiden Schauspieler einen Zugang zu dem jungen Publikum gefunden hatten.