Im Oktober und November fanden im Rahmen der vom Friedrich-Bödecker-Kreis in Kooperation mit dem Landesinstitut für Pädagogik und Medien (LPM) und dem Theater überzwerg angebotenen Lesungs-Reihe „Erlebnis Lyrik“ gleich zwei Veranstaltungen für die Schülerinnen und Schüler des Beruflichen Oberstufengymnasiums am BBZ St. Ingbert statt.

Erich Kästner am BBZ St. Ingbert

„Jeder von uns hat schon einmal von Erich Kästner gehört, aber wusstet ihr, wie viele Gedichte er eigentlich geschrieben hat?“ fragt Anna Bernstein vom Theater überzwerg die Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 11 des Gymnasiums am BBZ St. Ingbert und zieht einen riesigen Packen Blätter hervor. „Wir brauchen eure Hilfe bei der Auswahl“. Gesagt, getan. Jeder Schüler bekommt ein Kärtchen mit einem Kästner Gedicht und wer möchte, darf sein Gedicht vorlesen. Zuerst herrscht Verwirrung. „Sollen wir jetzt vorlesen?“, steht in den Gesichtern der Schülerinnen und Schüler geschrieben und zunächst zögerlich gehen einige Finger hoch. Als dann aber klar wird, dass die vorgelesenen Gedichte als Impulse für den weiteren Vortrag dienen, trauen sich immer mehr Schülerinnen und Schüler ihre Gedichte vorzulesen. So entsteht ein Querschnitt durch Kästners Gedichte, vorgetragen von Anna Bernstein und Reinhold Rolser, der die Schülerinnen und Schüler aber immer wieder mit einbindet. Was passiert zum Beispiel, wenn man ein Gedicht Zeile für Zeile und nicht an einem Stück liest? Hört man dann etwas Anderes?

Den Abschluss bildete eine Fragerunde und ein angeregtes Gespräch über die Aktualität von Kästners Gedichten. Das Interesse der Schülerinnen und Schüler hat gezeigt, dass eine Lesung eben mehr sein kann, als nur das Vorlesen von Gedichten.

Exillyrik – Emotional ergreifend präsentiert

Bereits im Oktober besuchten uns Eva Coenen und Nicolas Bertholet vom Theater überzwerg, die sich hinsichtlich ihrer Textauswahl an der Exillyrik orientierten und folglich Gedichte mit einer eher düsteren Grundstimmung rezitierten.

Die nach unterschiedlichen Aspekten der Exilthematik gegliederte klassische Lesung eröffnete den Schülerinnen und Schülern der Klassenstufe 13 eine Begegnung mit Gedichten sowohl aus der Zeit der Nazidiktatur als auch aus der Gegenwart: Von den Auslösern und Ursachen von Flucht über das Leben im Exil, die Sprache als Mittel zum Widerstand bis hin zur Sehnsucht nach Heimkehr und Gedanken an die Hinterbliebenen. Durch die eindringliche und berührende Darbietung von Eva Coenen und Nicolas Bertholet wurden die Gedichte zum Leben erweckt und somit von den Zuhörern auch in ihrer emotionalen Bedeutsamkeit erlebt.

In der anschließenden offenen Fragerunde zeigte sich, dass die Schauspieler die Schülerinnen und Schüler für das Thema sensibilisieren und ihnen einen neuen Blick auf die im Unterricht zumeist primär unter analytischen Gesichtspunkten behandelten Texte eröffnen konnten. Hier lag der Fokus ganz klar auf der emotionalen Ebene, wie es Eva Coenen treffend formulierte: „Es geht darum, dass die Gedichte dich berühren.“

Abgeschlossen wurde die Veranstaltung mit einem schönen Schlusswort der beiden Schauspieler, welches zugleich als Plädoyer verstanden werden kann: „Lest mehr Gedichte!“